In meiner Arztpraxis konsultieren mich viele Patienten mit der Frage, wie Sie am besten überschüssige Kilos loswerden können. Übergewicht ist nicht nur ein ästhetisches Problem - die Entwicklung diverser chronischer Krankheiten ist damit assoziiert. Die meisten von uns haben es schon leidlich erfahren: Abnehmen ist nicht einfach!
Weniger Essen oder mehr Sport?
Reicht es, mehr Sport zu treiben? Oder einfach weniger zu essen? In den letzten Jahren verdichten sich die wissenschaftlichen Hinweise darauf, dass Bewegung und Sport zwar außerordentlich wichtig
für unsere Gesundheit sind, jedoch beim Abnehmen hilft vor allem: weniger bzw. besser zu essen!
Eine Studie liefert interessante Erkenntnisse
In einer Studie hat der Anthropologe Sam Urlacher mit seinem Team Kinder der Shuar, ein indiges Volk im Amazonas Gebiet Ecuadors, untersucht. Manche Shuar leben noch sehr ursprünglich in abgelegenen ländlichen Gebieten, die nur per Kanu und zu Fuß erreichbar sind. Sie ernähren sich durch Jagen, Fischen und kleine Landwirtschaft. Andere Shuar leben bereits in kleineren Städten mit Supermärkten, Restaurants, Elektrizität usw.
In früheren Studien verglichen die Forscher Shuar-Kinder aus ländlichen Gebieten, die sich durch erhöhte körperliche Aktivität und andere Ernährungsgewohnheiten auszeichneten, mit Kindern in den USA und Großbritannien, die häufiger übergewichtig waren. Die Aussagekraft dieser Studien war allerdings begrenzt, da sich die untersuchten Kinder in vielerlei Hinsicht (z. B. genetisch, ökonomisch, geographisch usw.) stark unterschieden.
Untersuchung von städtisch vs. ländlich lebenden Kindern
Das Besondere an der vorliegenden Studie ist, dass die Forscher eine Gruppe von Shuar-Kindern, die ein relativ traditionelles Leben in ländlichem Gebiet führt mit einer Gruppe von Shuar-Kindern, deren Familien in einer etwas entfernten Stadt, ein urbanes, man könnte auch sagen ein „westliches“ Leben führen, verglichen. Beide Gruppen wurden umfassend hinsichtlich ihrer Ernährung, ihrer Aktivität und ihres Energieverbrauchs untersucht.
Die städtisch lebenden Shuar-Kinder hatten einen im Durchschnitt signifikant erhöhten Körperfettanteil. Ein Drittel der Kinder war übergewichtig. Keines der ländlich lebenden Shuar-Kinder war übergewichtig.
Keine Unterschiede hinsichtlich körperlicher Aktivität und Energieverbrauch
Es erstaunt, dass sich die städtisch lebenden Shuar-Kinder bezüglich der gemessenen körperlichen Aktivität nicht wesentlich von den ländlich lebenden Kindern unterschieden. Auch verbrauchten die Kinder aus beiden Gruppen täglich eine ähnliche Menge an Kalorien. Die Forscher berichten, dass sich der tägliche Energieverbrauch von ländlich lebenden Shuar-Kindern und Kindern in den USA und Großbritannien in früheren Studien ebenfalls nicht signifikant unterschied. Das ist schon sehr überraschend. Intuitiv ging ich bisher davon aus, dass unser „westlicher“ sedativer Lebensstil zu geringerem Energieverbrauch und damit zu Übergewicht führt. Die Studienautoren erklären den ähnlichen Energieverbrauch der Kinder damit, dass wir in der Evolution einen Mechanismus entwickelt haben, den Energieverbrauch in einer schmalen Bandbreite relativ konstant zu halten.
Deutliche Unterschiede in den Ernährungsgewohnheiten
Die beiden Untersuchungsgruppen unterschieden sich jedoch sehr stark bezüglich ihrer Ernährungsgewohnheiten. Städtische Kinder aßen dreimal mehr Supermarkt-Nahrungsmittel, z.B. Pasta, Milch oder Süßigkeiten. Es sind also allein die Ernährungsgewohnheiten, die die Unterschiede hinsichtlich des Körperfettanteils und dem höheren Vorkommen von Übergewicht bei den städtischen Kindern erklären.
Gegen Übergewicht und Fettleibigkeit hilft vor allem: weniger und besser essen!
Bewegung ist essentiell für ein lebendiges langes Leben. Das ist keine Frage und wird uns noch in vielen Blog-Artikeln beschäftigen. Die Ergebnisse der Studie decken sich allerdings auch mit den täglichen Erfahrungen in meiner Praxis. Wer sein erhöhtes Körpergewicht dauerhaft reduzieren möchte und damit sein Risiko für viele Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen und Demenz senken will, muss dauerhaft weniger Kalorien zu sich nehmen und weniger essen. Auch, wenn das so richtig schwer fällt und die Versuchungen oft einfach zu groß sind…
Liebe Leserin, lieber Leser, was tun Sie, um Ihr Gewicht konstant zu halten oder zu senken? Welche Erfahrungen haben Sie mit Sport/ Bewegung versus Ernährung/ Kalorienreduktion gemacht? Haben Sie für sich ein Rezept zum Abnehmen gefunden?
Berichten Sie gerne in den Kommentaren hier unter dem Blog, auf der Facebook-Seite von Lebendig Lang Leben oder auf Instagram. Ich freue mich auf Ihre Beiträge.
Bis zum nächsten Mal
Ihre Dr. med. Katja Aschenbrenner
Die Orginalarbeit von Urlacher et al. finden Sie hier: https://academic.oup.com/jn/article-abstract/151/3/695/6102107?redirectedFrom=fulltext
Abonnieren Sie am besten den Blog LEBENDIG LANG LEBEN gleich hier! So verpassen Sie nichts und die neuen Ausgaben kommen direkt in Ihr Email-Postfach.