Der Begriff Mikrobiom ist in aller Munde und so sind es wortwörtlich auch die in diesem Zusammenhang therapeutisch genutzten Prä- und Probiotika.
In unserem Darm tummeln sich ca. 1,5 kg Bakterien der unterschiedlichsten Arten. Sie sorgen u.a. dafür, dass wir gut oder auch weniger gut verdauen können, eine stabile oder weniger stabile Immunitätslage haben, wir Gewicht zu- oder abnehmen und erstaunlicherweise tragen sie auch dazu bei, wie wir uns fühlen („Gut-Brain-Axis“: Darm-Hirn-Achse). Früher bezeichnete man diese Gesamtheit der Bakterien im Darm als „Darmflora“, heute gibt es den modernen Begriff „Mikrobiom“.
Die Bakterien in unserem Darm sind in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus von Forschung und Therapie gerückt. Es werden beständig neue Ergebnisse veröffentlicht, die darauf hinweisen, welchen großen Einfluss die Mikroorganismen in unserem Darm auf unsere Gesundheit haben. So wurden z.B. ganz unterschiedliche Bakterienbesiedlungen in den Därmen von normal- bzw. übergewichtigen Menschen nachgewiesen, ebenso im Vergleich von z.B. Parkinson-Patienten und Gesunden. Und damit nicht genug: neuere Resultate weisen darauf hin, dass es auch auf unseren Augen, in unserem Mund, in der Nase und in der Lunge ein mikrobiologisch aktives Klima gibt.
Durch unsere Ernährung und unseren Lebensstil haben wir einen enormen Einfluss auf den Zustand unseres Mikrobioms. Falls die Zusammensetzung der Bakterien ungünstig ist, kann es z.B. auch zu Durchlässigkeiten in der Darmschleimhaut kommen („Leaky-Gut“). Eiweiße und andere Stoffe aus dem Darm gelangen dann ungewollt in unseren Körper und können dadurch das eigene Immunsystem aktivieren, was zum Beispiel zu Autoimmunerkrankungen führen kann.
In meiner Praxis empfehle ich manchen Patienten bei bestimmten Beschwerden und Befunden eine Stuhluntersuchung, bei der das Vorhandensein der einzelnen Bakterienstämme und z.B. deren Stoffwechselprodukte untersucht werden. Es gibt auch Laborwerte, die eine eventuelle Durchlässigkeit der Darmwand anzeigen und deren Bestimmung aus Stuhl oder Blut deshalb Sinn machen kann. Mit den Ergebnissen kann ich die Patienten dann gezielt zu bestimmten Veränderungen ihrer Ernährung (Präbiotika) und/ oder auch zur möglichen Einnahme ganz gezielter Bakterienstämme (Probiotika) beraten.
Interessanterweise steht die Verdauung schon seit vielen Jahrtausenden ganz im Mittelpunkt der Ayurveda-Medizin. Dort werden viele Krankheiten in Verbindung mit einer gestörten Verdauung gebracht. Therapeutisch wird im Ayurveda alles daran gesetzt, dass die Verdauung gut funktioniert.
Auf jeden Fall wird es sicherlich noch viele spannende Erkenntnis zum Mikrobiom geben! Die Forschung steht hier erst ganz am Anfang, und das Potenzial für Prävention und Heilung ist groß.